Der Auftakt im Prozess gegen Joseph S. Blatter und Michel Platini wurde vom rhetorischen Schlagabtausch der verschiedenen Lager geprägt.
Bellinzona (SID) – Der Auftakt im Prozess gegen die einstigen Fußball-Spitzenfunktionäre Joseph S. Blatter und Michel Platini wurde vom rhetorischen Schlagabtausch der verschiedenen Lager geprägt. Dabei stand die Strategie der Platini-Anwälte, die wie schon vor dem Verfahrensbeginn das Bild eines Komplotts gegen den ehemaligen UEFA-Boss zeichneten, im Mittelpunkt.
Laut Platini-Anwalt Dominic Nellen gebe es „einen direkten Zusammenhang“ zwischen dem Betrugsverdacht gegen seinen Mandanten und den geheimen Treffen zwischen dem aktuellen FIFA-Präsidenten Gianni Infantino mit dem früheren Schweizer Bundesanwalt Michael Lauber. Deshalb gehe es um die Frage, wer ein Interesse an diesem Verfahren gehabt habe.
Staatsanwalt Thomas Hildbrand und FIFA-Anwältin Catherine Hohl-Chirazi wiesen diese Mutmaßungen zurück. Hohl-Chirazi warf der Platini-Seite vor, eine „Verschwörungstheorie“ aufzustellen. Der Weltverband tritt als Nebenkläger auf.
Die einst mächtigsten Männer des Weltfußballs müssen sich vor dem Schweizer Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten. Dem früheren FIFA-Präsidenten Blatter (86) und Platini (66) wird von der Generalanwaltschaft der Schweiz (OAG) Betrug und Urkundenfälschung zur Last gelegt. Der Schweizer Blatter ist zudem wegen Veruntreuung und ungetreuer Geschäftsbesorgung angeklagt, der Franzose Platini wegen Beihilfe dazu.
Die Schweizer Bundesanwaltschaft (BA) ermittelte seit 2015 in dem Fall, die Klage wurde im November des vergangenen Jahres eingereicht. Der Prozess ist bis zum 22. Juni angesetzt, elf Verhandlungstage soll es geben. Das Urteil wird für den 8. Juli erwartet. Die möglichen Strafen reichen von einer Geldstrafe bis zu fünf Jahren Haft.
Konkret geht es um zwei Millionen Schweizer Franken (1,92 Millionen Euro) plus 229.126 Franken (220.000 Euro) an Sozialversicherungsbeiträgen. Diese Summen gingen im Jahr 2011 vom Weltverband FIFA an Platini, den damaligen Präsidenten der Europäischen Fußball-Union (UEFA).
Laut der OAG hat Platini vor dem Geldfluss bei der FIFA eine „fiktive Rechnung“ für eine Beratertätigkeit in den Jahren 1998 bis 2002 eingereicht. Dies sei mit der „Verwicklung“ Blatters „ohne legale Basis“ geschehen: „Diese Zahlung hat das Vermögen der FIFA geschädigt und Platini unrechtmäßig bereichert.“
Beide Beschuldigten weisen die Vorwürfe von sich und berufen sich auf eine mündliche Vereinbarung, die sie miteinander geschlossen hätten. Die FIFA will dagegen die zwei Millionen Schweizer Franken zurückhaben.
Die Ermittlungen in dem Fall führten dazu, dass Blatter wie Platini von der FIFA-Ethikkommission 2015 für jeweils acht Jahre gesperrt wurden. Zwar wurden die Sperren später reduziert, die Pläne Platinis aber waren durchkreuzt.
Der frühere Weltklasse-Spieler galt als designierter Blatter-Nachfolger und wollte zum FIFA-Boss aufsteigen. Seine Sperre führte dazu, dass die damalige Randfigur Infantino binnen kurzer Zeit vom UEFA-Generalsekretär zum FIFA-Präsidenten aufsteigen konnte.
Bild: „Ich bin guter Laune“, sagte Joseph S. Blatter (© AFP/SID/FABRICE COFFRINI)